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Cannabis auf Rezept bei schwerer chronischer Schmerzerkrankung

Beschluss des Sozialgerichts Hannover S 10 KR 1420/16 ER


Die 10. Kammer des Sozialgerichts Hannover hat die gesetzliche Krankenkasse des Antragstellers am 30.08.2016 verpflichtet, die Kosten für eine jeweils ärztlich zu verordnende Schmerztherapie mit Cannabis-Extrakt-Tropfen (Dronabinol) vorläufig zu übernehmen.

Einerseits habe die Krankenkasse auf den Antrag des Antragstellers nicht rechtzeitig reagiert, so dass nach Ablauf der Frist von drei Wochen die Leistung als genehmigt anzusehen sei (vgl. § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB 5). Auch wenn der Antrag des Antragstellers die genaue Menge des Medikaments nicht enthalten habe, so sei die Menge doch bestimmbar. Ein "Fehler" in der ärztlichen Verordnung dürfe sich nicht zu Lasten des Antragstellers auswirken.

Ob der Antragsteller darüber hinaus weiterhin einen Anspruch auf die Kostenübernahme habe, sei zu klären. Zwar gehörten die Cannabis-Extrakt-Tropfen nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Im Notfall - so bei lebensbedrohlichen, regelmäßig tödlichen Erkrankungen oder wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankungen - müsse der Leistungskatalog der Krankenkassen zum Schutz des Lebens erweitert werden. Es könne vorliegend nicht ausgeschlossen werden, dass das schwere chronische Schmerzgeschehen des Antragstellers eine solche Erweiterung rechtfertige. Ob dies tatsächlich der Fall sei, müsse im Rahmen des Hauptsacheverfahrens geklärt werden. Fraglich sei auch, ob andere Therapiemöglichkeiten bestünden. Die Kammer sei jedoch sicher, dass die Therapie mit Cannabis-Extrakt-Tropfen im Falle des Antragstellers wirke. Bereits 2012 bis 2014 war der Antragsteller entsprechend erfolgreich therapiert worden. Die vorläufige Entscheidung falle im Ergebnis zu Gunsten des Antragstellers aus. Wegen der unstreitig bestehenden erheblichen Schmerzen sei es ihm nicht zuzumuten, weitere medizinische Ermittlungen abzuwarten. Das finanzielle Interesse der Versichertengemeinschaft müsse dahinter zurück stehen. Hier finden Sie den Beschluss im Wortlaut

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